Destinations-Tipp | Juli 2018

Das Glück, Leib und Seele an einem Ort erfreuen zu können, findet man im elsässischen Sélestat.

Es gibt Menschen, für die Bücher oder gar eine ganze Bibliothek so wichtig sind wie das tägliche Brot. Wenn am Abend dann noch ein gutes Glas Wein hinzukommt, sind sie dem Paradies sehr nahe. Umso besser, wenn man alle drei Dinge in außerordentlicher Qualität praktisch vor der Haustüre findet. So gesehen brauchen die Einwohner von Sélestat (Schlettstadt) im Elsass, auf halber Strecke zwischen Straßburg und Colmar gelegen, eigentlich gar nicht verreisen. Und sich nicht wundern, wenn sie immer mehr Besucher empfangen werden, denn im Zeitalter der grenzenlosen Informationsverbreitung erfahren selbst Menschen am anderen Ende der Welt recht schnell von den großartigen Spezialitäten im beschaulichen Sélestat. 

 

 

 

Humanistische Bibliothek Sélestat

Seit 2011 steht die Humanistische Bibliothek in Sélestat auf der Liste der UNESCO Weltdokumentenerbe, jetzt hat sie ein neues Outfit erhalten. Seit 120 Jahren hat sie ihren Platz in einer ehemaligen Getreidehalle. Stararchitekt Rudy Ricciotti konzipierte diese Institution neu, es ist ein Auditorium, ein literarisches Café, eine Boutique, Lesesäle und ein Raum für Ausstellungen entstanden. Der Architekt möchte mit dieser Erweiterung den Komplex zu einem europäischen Zentrum des Buches und des Humanismus mit multimedialen Einrichtungen machen. Ausgekleidet mit rotem Sandstein und einer markanten Anordnung von Pfeilern, die ein Ambiente von Licht und Transparenz erzeugen, fügt sich dieser Anbau nahtlos in die historische Substanz ein.

 

 

Beatus Rhenanus wurde 1485 in Sélestat geboren. Er war einer der größten humanistischen Gelehrten seiner Zeit und ein Freund des Erasmus von Rotterdam. Kaiser Karl V. erhob ihn 1523 in den Adelsstand, seine Schriften und Übersetzungen waren in ganz Europa wegweisend. Nach Studien in Paris, Straßburg und Basel kehrte er 1528 nach Sélestat zurück und vermachte kurz vor seinem Tode 1547 seine gesamte Privatbibliothek seiner Heimatstadt. Der große Bücherschatz besteht aus 450 einzigartigen Handschriftenbänden, 550 Inkunabeln und mehr als 2500 Büchern, darunter Werke von Johannes Mentelin. Der 1410 in Sélestat geborene Buchdrucker und Buchhändler veröffentlichte 1466 die erste gedruckte Bibel in deutscher Sprache. Oder das älteste Buch des Elsass, ein Merowingisches Lektionarium aus dem 7. Jahrhundert, das Taufbuch Amerikas und die erste Erwähnung des Weihnachtsbaumes in einem Rechnungsbuch von 1521. 

 

 

Brot und Wein

Nur den Wimpernschlag einer Eule entfernt liegt mit dem Brot-Museum ein sehenswertes elsässisches Brothaus mit angeschlossener Bäckerei, in dem der Duft von frischen Bredele, Kougelhopf, Baguettes, Croissantes und feinsten Brotspezialitäten Nase und Gaumen verwöhnen. Hier werden traditionelle Herstellungs- und Backverfahren lebendig erhalten und im Museum die Geschichte des Brotes anschaulich präsentiert. Für Gruppen gibt es nach Voranmeldung Führungen in deutscher Sprache und die Möglichkeit, im Brothaus eine kleine Stärkung zu sich zu nehmen. Der perfekte Tag klingt dann aus in der Domaine du Bollenberg in der Nähe von Rouffach, mit einer Kellerprobe und himmlischen Gewürztraminern, Grauburgundern, Chasselas und einem Crémant d´Alsace. Kein Wunder, dass man hier lebt mit Büchern, Brot und Wein wie Gott im Elsass. 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

www.bibliotheque-humaniste.fr/de/

Text/Fotos: ©PRB