Destinations-Tipp | September 2018

Newgrange und Hill of Tara: Heimat irischer Mythologie

Das nur 50 Kilometer nördlich von Dublin gelegene Boyne Valley ist ein höchst geschichtsträchtiger Ort und ein friedliches Flusstal.

 

Charmante kleine Orte wie Slane, Trim und Kells wechseln sich ab mit den bedeutendsten Grabpalästen der Steinzeit. Die ganze Grafschaft Meath erscheint wie ein königliches Freilichtmuseum. Der Megalith-Komplex Brú na Bóinne im Tal des Flusses Boyne, als UNESCO-Welterbe eingestuft, ist die bedeutendste Anlage dieser Art in ganz Europa. Was die Menschen hier vor rund 5000 Jahren schufen, noch weit vor den ägyptischen Pyramiden und Stonehenge, verschlägt einem die Sprache. Die gewaltigen Anlagen rund um Newgrange sind ein architektonisches Meisterwerk der neolithischen Kultur, die sich von hier aus über Irland ausbreitete. Der Legende nach war die Boyne-Schleife zwischen Drogheda im Osten und Slane im Westen die Nekropole der Könige von Tara und Wohnstatt der göttlichen Königin Boinn und der Könige Nuada und Dagda. Und noch heute spürt man die magische Kraft, die von diesem Ort ausgeht.   

 

Schon von weitem weckt Newgrange Gefühle von Ohnmacht und Staunen. Der zwölf Meter hohe, kreisrunde und 90 Meter im Durchmesser zählende Erdhügel besteht aus einem unterirdischen Gang mit Kammern, deren Dach und Wände von Steinplatten getragen werden, die einer viertel Millionen Tonnen Gewicht Stand halten. Alles, auch die äußeren Randsteine, ist in Trockenbauweise zusammengefügt, ohne Lehm und Mörtel, aber mit einem raffinierten Drainagesystem versehen. Entdeckt wurde Newgrange im Jahre 1699, als der damalige Grundbesitzer Charles Campbell Steine für den Straßenbau zusammentrug. Dabei stieß er auf den Grabeingang und war angesichts des prächtig verzierten Eingangssteines wahrscheinlich so erschrocken, dass er die Flucht ergriff. Erst in den 1970er Jahren wurden von Professor Michael O´Kelly die Ausgrabungen und die Rekonstruktion der Grabanlage von Newgrange abgeschlossen. Man fand im Inneren Schmuckgegenstände, Steinperlen, Knochennadeln und ovale Steinfiguren, die auf Ahnenkulte, Fruchtbarkeitsrituale und Sonnenmagie hindeuten. Auch Spuren von Getreide wurden entdeckt, was den Schluss zulässt, das Newgrange nicht nur als Totenkultstätte, sondern auch als Getreidespeicher genutzt wurde. Leben und Tod, Wachsen, Gedeihen und Vergehen, die Jahreszeiten, der Lauf der Sonne und des Mondes, all das wird hier in Newgrange lebendig und greifbar. Das gälische Wort „Teamhair” bedeutet schlicht „Erhebung, Hügel”. Tea ist aber auch der Name für die Göttin der Milesier, die in Tara gelebt haben und hier begraben sein soll.

 

Fest steht jedenfalls, dass der nordwestlich von Dublin gelegene Ort in der Geschichte und Mythologie Irlands den wichtigsten Platz einnimmt. Heimat der Druiden, Burg der irischen Hochkönige, Sitz der Götter, letzte Ruhestätte des Elfenvolkes Tuatha de Danann, Kult-Ort der Göttin Maeve, die Liste kann unendlich fortgesetzt werden. Die Bedeutung des Hill of Tara reicht bis in die Jungsteinzeit zurück, heute sieht man noch einen ellipsenförmigen Erdwall, der zwei Ringfestungen und ein Hügelgrab einschließt. Cormac Mac Art regierte hier im 3. Jahrhundert, der jeden Herbst ein großes Fest veranstaltet hat, zu dem alle kamen, die zu jener Zeit Rang und Namen hatten. Ein Vorbild für Camelot und die Artus-Sage? Wer weiß das schon, eines bestätigt sich aber am Hill of Tara erneut: der größte Zauber wohnt in den unscheinbaren Dingen, beim Namen der großen Tea.

 Mellifont Abbey.

 

Eine traurige Liebessage ist eng mit Tara verbunden, die heute noch beinahe jeder auf der Insel kennt: Dermot und Grania. Die schöne Grania, Tochter von Cormac Mac Art, wurde dem heldenhaften Krieger Fionn Mac Cumhaill zur Frau versprochen. Als sie den alten Kämpfer am Verlobungsfest in Tara sah, ergriff sie mit dem jungen Dermot die Flucht. Sieben Jahr zogen sie, verfolgt von Fionn´s Zorn, umher, ehe sie sich in Sligo niederließen. Mit den Jahren wurde die Sehnsucht zu Vater und Gefährten zu groß, sie luden alle zu einem Versöhnungsfest ein. Fionn denkt sich eine List aus und Dermot wird von einem wilden Eber im Kampf tödlich verwundet. Fionn bereut seine Tat und bestattet Dermot in Brú na Bóinne, wo er in der Anderswelt mit ihm Zwiesprache halten und seine schreckliche Tat bereuen kann. 

 

 Monasterboice.

 

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Text/Fotos: ©PRB